Andreas Konrad, Vorstandssprecher der Werbegemeinschaft Mettmann-Impulse, meint in seinem Gastbeitrag, der auf die Netztrennungs-Diskussion Bezug nimmt: "Wir müssen uns an der Lebenswirklichkeit von Menschen orientieren - und nicht an ideologisch rosafarbenen Ideen."
Von Philipp Nieländer für TME
Kaum ein Thema war in den letzten Jahren so emotionsgeladen wie die Netztrennung. Schon der Begriff löste Debatten aus und bis heute scheiden sich die Geister. Sachlich ist das in Ordnung. Aber hier helfen weder persönliche Ansichten noch ideologisch geprägte Auffassungen weiter. Damit werden weder lokale Strukturprobleme gelöst, noch sorgen sie für Gemeinsinn. Der aber wird nötig sein, wollen wir die Mettmanner Herausforderungen bewältigen. Also gilt es doch, Argumente auszutauschen, um eine möglichst sachliche Debatte zu führen.
Schauen wir doch mal auf die zuletzt ausgetauschten Meinungen nach dem offenen Brief von Ernst August Kortenaus (Taeglich.ME berichtete). Es ist unbestritten, dass Menschen durch die Netztrennung gezwungen werden, Umwege zu fahren. Da wundert es schon sehr, wie konsequent mancher sich gedanklich den mehr gefahrenen Kilometern verweigert und dem damit verbundenen erhöhten CO2-Ausstoß. Das Klimaproblem wurde verschlimmbessert.
Es wundert, dass die massive Mehrbelastung von vielen Menschen an der Nordstraße, der Berliner Straße, der Hasseler Straße, der Florastraße, der Lutterbecker Straße, der Eichstraße und vermutlich einiger anderer auch augenscheinlich nicht von Interesse ist. Hier wurden Probleme verlagert, nicht etwa gelöst.
Ja, die Kommunalpolitik der letzten Jahrzehnte erscheint manches Mal wirr, Mettmann kreiert mehr Probleme als Lösungen. Die verkehrstechnische Trennung einer Stadt in zwei Teile als fortschrittlich zu bezeichnen, erscheint mir mutig. Es ist längst überfällig in Mettmann das große Ganze zu sehen. Ich meine, wir müssen uns an der Lebenswirklichkeit von Menschen orientieren und nicht an ideologisch rosafarbenen Ideen. Zu dieser Mettmanner Lebenswirklichkeit gehört, dass es kein stimmiges Konzept für Mettmann gibt. Weder ein Gesamtkonzept noch ein Verkehrskonzept noch ein Wirtschaftskonzept. Alles beeinflusst sich gegenseitig, so dass eine „Einzelidee“ wie die Netztrennung am Ende mehr Probleme verursacht, als Lösungen kreiert.
„Radverkehr lässt sich weder verordnen noch können wir so tun, als seien wir Kopenhagen.“
Wenn ich auf die Lebenswirklichkeit in Mettmann schaue, sehe ich hinsichtlich des Verkehrs folgendes: Ja, insgesamt haben wir sicher zu viele Autos. Nein, durch bauliche Zwänge werden wir diese Zahl nicht verringern. Dazu braucht es mittel- und langfristige Überzeugungsarbeit und vor allem gute Mobilitätsalternativen. Und die fehlen. Die Mettmanner Topographie tut ein Übriges. Denn viele der vielen älteren Menschen in Mettmann können hier weder längere Wege zu Fuß oder mit dem Rad zurücklegen.
Gerne noch einmal: Wir wünschen uns alle weniger Autos und mehr Radverkehr. Aber das lässt sich weder verordnen, noch können wir so tun, als seien wir Kopenhagen. Zu unserer Lebenswirklichkeit gehört auch, dass das Leben nun einmal schneller und komplexer geworden ist. Viele Mütter oder Väter wollen oder müssen im Alltag ihre Besorgungen flink vor oder nach der Arbeit oder in der Mittagspause erledigen. Oder Shared Space. Da ist von etwaigen Rückzahlungen von Fördergeldern die Rede und von neuerlichen Kosten wegen neuerlichen Umbauarbeiten. Beides geht über Vermutung bzw. Behauptung nicht hinaus.
Gegebenheiten den Erfordernissen anpassen
Vielmehr sollte es doch darum gehen, die Gegebenheiten den Erfordernissen anzupassen und da lässt sich ohne jeden Umbau erst einmal probieren, ob wir Mettmanner entgegen der Behauptung Einzelner uns mit einem solchen System nicht doch zurechtfinden können. Und damit Verantwortung für das Gemeinwohl zeigen. Es hieß auch der Durchfahrt würde wieder Tür und Tor geöffnet. Nein, der CDU-Antrag besagt eindeutig: Zufahrten nur bis zu den Parkhäusern. Die Durchsetzung wird genauso möglich oder unmöglich wie jetzt die Kontrolle und Durchsetzung der Netztrennung. Weiter war zu lesen, die Parkhäuser wären voll wie eh‘ und je. Auch falsch, nachweislich. Und auch der Wochenmarkt sei voll wie immer. Auch das stimmt schlicht nicht. Die Wochenmarkthändler klagen wegen massiver Umsatzeinbußen. Und der Handel? Niemand bestreitet, dass der Online-Handel Schneisen schlägt. Niemand behauptet, jeder einzelne Händler sei nicht für die Attraktivität seines Angebots verantwortlich. Genauso sollte aber auch niemand behaupten, Unerreichbarkeit mit dem Auto wirke sich nicht aus.
„Event-Aktivitäten Einzelner erhalten die Stadt langfristig nicht am Leben“
Und es wird doch einen Grund haben, dass sich der Investor der Neandertal-Passage zu Wort gemeldet hat, kaum dass der CDU-Vorstoß bekannt geworden war, er würde investieren, wenn die Netztrennung aufgehoben würde. Eine Innenstadt bleibt stets Kern und Keimzelle des sozialen Miteinander. Und da werden auch die Event-Aktivitäten Einzelner langfristig die Stadt nicht am Leben halten, so sehr sie auch positiv zu würdigen sind.
Wäre es nicht nur notwendig, sondern auch angemessen, die jeweils betroffenen Protagonisten anzuhören und ernst zu nehmen? Übrigens in jedem Fall. Die Zeiten der Entscheidungen am grünen Tisch sollten endlich auch in Mettmann der Vergangenheit angehören. Es geht in Mettmann längst um das große Ganze. Es geht um die Bewältigung gemeinsamer Aufgaben. Der Grundgedanke hinter „Shared Space“ ist vielleicht einer, der uns in allen Bereichen guttäte: Jeder Verkehrsteilnehmer geht respektvoll mit allen anderen um und betrachtet den Weg auch aus der Perspektive der anderen. Es wird auch in Mettmann nur gemeinsam gehen.